Projekt

Über uns

Digital Streetwork Bayern (DSW) ist ein Projekt des Bayerischen Jugendrings und wird in Zusammenarbeit mit dem JFF – Institut für Medienpädagogik umgesetzt. Die Finanzierung erfolgt das Bayerisches Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales als Baustein das bayerischen Aktionsplans ‘Jugend’. Das Angebot richtet sich primär an Jugendliche und junge Erwachsene aus Bayern zwischen 14 und 27 Jahren.

Digital Streetwork erkennt die große Bedeutung digitaler Medien und Onlinewelten für junge Menschen und setzt konzeptionell an dem Ort an, an dem die meisten von ihnen stetig anzutreffen sind: im Netz. Bis zu 14 Digital Streetworker:innen sind aktiv auf allen derzeitig jugendrelevanten Onlineplattformen. Dort haben sie für junge Menschen und ihre Anliegen ein offenes Ohr, beraten auf Augenhöhe und unterstützen in schwiergen Situationen und Lebenslagen.

Digital Streetwork verfolgt im Kontakt zu jungen Menschen primär einen aufsuchenden Ansatz. Die Streetworker:innen sind Teil der Online-Communitys, zeigen Präsenz und gehen aktiv auf junge Menschen zu, die in ihren Posts und Nachrichten Unterstützungsbedarfe signalisieren. Die Streetworker:innen können jedoch auch direkt von Jugendlichen kontaktiert werden. Digital Streetwork ist ein professionelles Angebot digitaler Jugendarbeit, arbeitet nach überprüfbaren fachlichen Standards und wird wissenschaftlich evaluiert.

Das Team Digital Streetwork auf einer Wiese

Arbeitsbereiche

DSW besteht im Kern aus 4 Arbeitsbereichen: Kontakt-, Beratungs- und Beziehungsarbeit, Netzwerkarbeit, Öffentlichkeitsarbeit und Selbstverwaltung.
Weiterführende Informationen und Vertiefungen zu allen Arbeitsbereichen finden sich in den Qualitätsstandards für Digital Streetwork. Diese stehen auf der Website des BJR zum kostenfreien Download bereit.

 

Kontakt-, Beratungs- und Beziehungsarbeit

Die Kontakt-, Beratungs- und Beziehungsarbeit ist der Kern von Digital Streetwork. Digital Streetworker:innen bieten junge Menschen, die in ihren Posts und Nachrichten Unterstützungsbedarfe signalisieren, das Gespräch an. Darauf folgend können die jugendlichen Adressat:innen selbstbestimmt weiterführende Beratungs- und Unterstützungsprozese iniitieren.

Netzwerkarbeit

DSW ist offen für die Themen und Anliegen junger Menschen. Um der großen Themenspannweite gerecht werden zu können, vernetzen sich Digital Streetworker:innen mit Einrichtungen und Akteur:innen des Jugendhilfesystems. Durch erfolgreiche Netzwerkarbeit schaffen Digital Streetworker:innen für sich und ihre Adressat:innen schnellen und unkomplizierten Zugang zu Fachexpert:innen. Die Digital Streetworker:innen des BJR freuen sich über Einladungen zu Netzwerkveranstaltungen in ihrem Bezirk.

Öffentlichkeitsarbeit

Öffentlichkeitsarbeit richtet sich an Adressat:innen, an Multiplikator:innen der Jugend(sozial)arbeit, an politische Entscheidungsträger:innen sowie an die interessierte Bevölkerung. Sie erfüllt primär zwei Kernaufgaben: Die Bekanntmachung von DSW und den damit verbundenen Leistungen, insbesondere bei Adressat:innen und Multiplikator:innen, sowie das Sichtbarmachen, die Vertretung und Stärkung der Interessen, Themen und Bedarfe junger Menschen, insbesondere in der Kommunikation mit politischen Entscheidungsträger:innen, sowie der breiten Öffentlichkeit.

Selbstverwaltung

Die Selbstverwaltung umfasst Verwaltungs-, Fortbildungs- und Selbstmanagement-Tätigkeiten. Darunter fallen beispielsweise die regelmäßige Teilnahme an Fort- und Weiterbildungsangeboten, die Recherche zu jugendrelevanten Themen und Trends sowie Dokumentationstätigkeiten. Bei letzterer werden keine personenbezogenen Daten erhoben.

Zielsetzung

Das allem übergeordnete Ziel von Digital Streetwork (DSW) ist die Beratung und Unterstützung junger Menschen bei ihren Fragen, Themen und Problemen. Weiter verfolgt Digital Streetwork nachfolgende Zielsetzungen.

Vermittlung und Anbindung der Adressat:innen an weiterführende, spezialisierte Hilfesysteme

Junge Menschen können sich mit all ihren Themen an Digital Streetworker:innen wenden. Aufgrund der Themenbandbreite und -komplexität ist es punktuell hilfreich, spezialisierte Fachstellen in die Beratung mit einzubeziehen. Hier stellt DSW für ihre Adressat:innen eine Brücke dar, vereinfacht die Wege zwischen den Hilfsstrukturen und unterstützt als begleitendes Bezugssystem diesen Prozess.

Herabsenken von Zugangs- und Teilhabeschwellen durch Online-Kontaktarbeit

DSW richtet sich im Besonderen an Adressat:innen, die keinen oder nur eingeschränkten Zugang zur Jugendarbeit und Jugendhilfe haben. Durch aufsuchende Kontaktarbeit werden Zugangsschwellen herabgesenkt und Teilhabe ermöglicht.

Förderung eines kritischen und souveränen Umgangs mit Onlineplattformen

Kontaktarbeit in DSW findet im Schwerpunkt auf kommerziellen Onlineplattformen statt, deren Strukturen durch Plattformbetreibende vorgegeben werden. DSW macht damit verbundene Herausforderungen aufmerksam, fördert situativ die Medienkompetenz ihrer Adressat:innen und unterstützt sie im souveränen Umgang mit Onlineplattformen, ihren Inhalten und den damit verbundenen Strukturen.

Vertretung der Interessen junger Menschen gegenüber Gesellschaft, Politik und Plattformverantwortlichen.

DSW macht die Interessen ihrer Adressat:innen sichtbar, stärkt ihre Position und versteht sich als Seismograf für die Medienaneignung junger Menschen im Online-Raum.

Vernetzung mit Unterstützungsangeboten für junge Menschen

Das Ziel der Vernetzung über Arbeitsfelder hinweg ist nicht nur die Vereinfachung von Hilfswegen, sondern auch der fachübergreifende Erfahrungsaustausch mit Akteur:innen der vielfältigen Unterstützungsangebote, das Entdecken gemeinsamer Anknüpfungspunkte und die Etablierung dauerhafter Kooperationsstrukturen.

Entwicklung, Erprobung und Evaluation neuer Methoden von Digital Streetwork

Bei Digital Streetwork handelt es sich um ein neues Arbeitsfeld. Daher gilt es auch in Zukunft neue Formen und Wege der Kontakt-, Beratungs- und Beziehungsarbeit zu identifizieren, sie zu erproben und in ihrer Wirksamkeit zu evaluieren. 

Arbeitsprinzipien

Niedrigschwelligkeit und Offenheit

DSW setzt auf einen niedrigschwelligen Zugang zu ihren Angeboten, geht aktiv auf junge Menschen zu und bietet bedarfs- und zielgruppengerechte Kommunikationskanäle. Es gibt für die
Adressat:innen keine Bedingungen oder Voraussetzungen zur Nutzung von DSW. DSW ist
offen für die Themen junger Menschen.

Freiwilligkeit

DSW ist stets freiwillig. Innerhalb des Leistungsumfangs entscheiden junge Menschen selbstständig drüber, ob, in welchem Umfang, mit welcher Häufigkeit und für welche Dauer sie das
Angebot wahrnehmen möchten. Die Beendigung wie auch die Wiederaufnahme eines Gesprächs ist jederzeit möglich.

Akzeptanz

DSW akzeptiert junge Menschen wie sie sind, mitsamt ihren Ansichten, ihrem Handeln, ihren
Themen und den Lebensumständen, in denen sie sich befinden. Diese akzeptierende Haltung
schließt kritisches Hinterfragen und die Einladung zur selbstkritischen Reflexion nicht aus,
macht sie jedoch nicht zur Voraussetzung für die Beratungstätigkeit und die Unterstützung der
Adressat:innen durch DSW.

Parteilichkeit

DSW befindet sich in einem stetigen Spannungsfeld zwischen den Erwartungshaltungen und
Forderungen von Politik und Gesellschaft sowie den Wünschen und Bedarfen junger Menschen, die damit in Konkurrenz stehen können. In diesem Gefüge positioniert sich DSW stets
so nah wie möglich bei den jugendlichen Adressat:innen und vertritt und stärkt deren Interessen gegenüber anderen Anspruchsgruppen. Mit Blick auf die postdigitalen Lebenswelten junger Menschen setzt sich DSW für eine offene, inklusive und demokratische Netzkultur ein.

Partizipation

Die Wünsche, Bedürfnisse und Anliegen der jungen Menschen stellen den Ausgangspunkt bei
der Konzeption, Planung und Durchführung der Leistungen dar. Junge Menschen werden als
Expert:innen ihrer Lebensrealitäten anerkannt. Ihre Expertise ist grundlegend für gelingendes
Digital Streetwork.

Inklusion

DSW schafft für junge Menschen, die aufgrund ihrer individuellen Lebenssituation und/oder
politischer wie gesellschaftlicher Exklusionsprozesse keinen oder nur einen eingeschränkten
Zugang zu den Angeboten der Jugendhilfe haben, über Online-Kommunikationswege, Mög
lichkeiten zur Teilhabe.

Diversitätssensibilität

DSW wertschätzt die Vielfalt und Unterschiedlichkeit junger Menschen. DSW unterstützt sie
bei der Entwicklung von individueller Identität und Persönlichkeit und wirkt exklusiven und diskriminierenden Prozessen entschieden entgegen

Transparenz

DSW arbeitet stets transparent. Digital Streetworker:innen kommunizieren gegenüber ihren
Adressat:innen klar und deutlich ihre Absichten, Motive und Ziele. Sie klären über den Leistungsumfang sowie über die Möglichkeiten und Grenzen von Digital Streetwork auf.

Anonymität und Verschwiegenheit

DSW schafft innerhalb der Möglichkeiten anonyme Kommunikationskanäle. Junge Menschen bestimmen selbst, welche Informationen sie mit den Streetworker:innen aktiv teilen möchten. Zusätzlich können sie durch die Gestaltung ihrer Profile sowie Freigabebeschränkungen bei der Einsehbarkeit auch die passive Informationsweitergabe steuern. Digitale Streetworker:innen erfragen personenbezogene Informationen nur dann, wenn diese zur Erreichung eines gemeinsam formulierten Beratungsziels unbedingt beitragen. Digital Streetworker:innen schützen vertrauliche Informationen. Sie unterstehen der gesetzlichen Schweigepflicht und klären Adressat:innen frühzeitig über Offenbarungspflichten auf.

Datenbewusste Kommunikation

DSW erkennt die besondere Verantwortung für die Daten- und Informationssicherheit bei der
Kontakt-, Beratungs- und Beziehungsarbeit auf Onlineplattformen. Die Präsenz auf diesen oftmals kommerziellen Plattformen ist für eine lebensweltnahe DSW unverzichtbar, zugleich können die dort zur Verfügung stehenden Kanäle nicht abschließend auf ihre Datensicherheit
überprüft werden. Digital Streetworker:innen sensibilisieren Adressat:innen für diese Problematik, fördern eine datenbewusste Kommunikation und bieten zusätzlich alternative, möglichst
datensichere Kommunikationsstrukturen.

Medienkompetenzförderung

Die Förderung von Medienkompetenz ist eine zentrale Querschnittsaufgabe von DSW. Sie
betrifft sowohl junge Menschen als auch Digital Streetworker:innen.
DSW fördert die kritische Auseinandersetzung junger Menschen mit kommerziellen Onlineplattformen, ihren Strukturen und ihren Logiken. Außerdem schafft sie Gesprächsräume, in
denen gemeinsam die eigene Präsenz auf diesen Plattformen und die damit verbundenen
Motive reflektiert werden können. Auch Digital Streetworker:innen reflektieren ihre Präsenz auf diesen Plattformen kritisch

Selbstreflexion und Weiterentwicklung

DSW reflektiert sich und seine Arbeitsweisen kritisch, ist offen für wissenschaftliche Evaluation und sucht den Austausch mit Expert:innen angrenzender Arbeitsfelder und Professionen. DSW erkennt die Dynamiken von virtuellen Umgebungen und Lebenswelten und trägt Veränderungsprozessen mit stetiger fachlicher und methodischer Weiterentwicklung Rechnung

Lebenswelt-, Alltags- und Bedürfnisorientierung

DSW erkennt die große Bedeutung mediatisierter Sozialräume in der Lebenswelt junger Menschen an. Onlineplattformen wie soziale Netzwerke oder Gamingserver dienen der alltäglichen Kommunikation, der Informationsbeschaffung, der Sozialisation, dem Finden und Erproben
von Identität und weiteren wichtigen Zwecken im jugendlichen (Er-)Leben.
In seinem Schwerpunkt stellt DSW ein aktiv aufsuchendes Beratungs- und Beziehungsangebot für jungen Menschen im digitalen Raum dar. Die Kontaktarbeit findet auf den Plattformenstatt, auf welchen junge Menschen sich bevorzugt aufhalten und orientiert sich dabei an ihren
Bedürfnissen und Tagesabläufen in ihrer Lebenswelt

Schutzkonzept

Derzeitig wird ein Schutzkonzept gegen Gewalt für Digital Streetwork erarbeitet. Das Schutzkonzept verfolgt das Ziel, die Kontakt- und Beratungsarbeit im DSW für junge Menschen noch sicherer zu gestalten. Im Zuge der Erarbeitung erfolgte bereits eine Risiko- und Potentialanalyse, es wurde ein Leitbild sowie ein Verhaltenskodex für die Kontakt- und Beratungstätigkeit im DSW erarbeitet und alle Projektmitarbeitenden wurden zum Themenschwerpunkt „Prävention sexueller Gewalt in der Onlineberatung“ fortgebildet. Zusätzlich wurde im Rahmen des Schutzkonzepts eine Kooperation mit AVALON – Fachberatungsstelle gegen sexualisierte Gewalt – Beratung und Prävention e. V. eingegangen. Die Fachstelle AVALON unterstützt das Projekt im direkten Zugang zu Information und Fachberatung und hat die Funktion einer unabhängigen Beschwerdestelle für junge Menschen im Kontext von Digital Streetwork. 

Die Fertigstellung und Veröffentlichung des Schutzkonzepts gegen Gewalt für Digital Streetwork ist für das erste Quartal 2025 geplant.